Vollzeit- bzw. Teilzeitbeschäftigte – Schwellenwert für zusätzliche Vergütung

Das mit dem Rechtsstreit zwischen einem Piloten und einem Luftfahrtunternehmen befasste deutsche Bundesarbeitsgericht hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gerichtet. Es wollte wissen, ob eine nationale Regelung, nach der ein Teilzeitbeschäftigter die gleiche Zahl Arbeitsstunden wie ein Vollzeitbeschäftigter leisten muss, um eine zusätzliche Vergütung zu erhalten, eine Diskriminierung darstellt, die nach dem Unionsrecht verboten ist.

In seiner Entscheidung vom 19.10.2023 hat der EuGH dies bejaht. Er stellte zunächst fest, dass die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer während der Zeit ihrer Beschäftigung die gleichen Aufgaben wahrnehmen wie die vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer oder die gleiche Arbeitsstelle wie diese bekleiden. Damit ist die Situation beider Arbeitnehmerkategorien vergleichbar. Teilzeitbeschäftigte dürfen nicht schlechter behandelt werden, wenn es darum geht, eine erhöhte Vergütung wegen Überschreitung einer bestimmten Zahl an Arbeitsstunden zu erhalten.

Kein Anspruch auf günstige Schichtzeiten wegen Kinderbetreuung

In einem vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern entschiedenen Fall arbeitete eine Mitarbeiterin 40 Stunden die Woche. Arbeitsvertraglich war sie zur Leistung von Sonntags-, Feiertags- und Mehrarbeit verpflichtet. In dem Unternehmen galt ein 3-Schicht-Modell. Nach der Geburt ihrer Zwillinge reichte sie bei ihrem Arbeitgeber den Wunsch ein, ihre Arbeitszeit auf 35 Stunden wöchentlich zu begrenzen und ausschließlich von Montag bis Freitag zwischen 7:40 und 16:40 Uhr tätig zu sein, um sich außerhalb dieser Zeiten um ihre Kinder kümmern zu können, da die Kinderbetreuungseinrichtungen zu anderen Zeiten geschlossen sind. Der Arbeitgeber gab dem Wunsch der Arbeitszeitreduzierung nach, widersprach allerdings der gewünschten Arbeitszeitverteilung. Die Richter gaben ihm Recht.

Bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber nach Möglichkeit auch auf die Personensorgepflichten des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen, sofern betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer nicht entgegenstehen.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist es dem Arbeitgeber gestattet, sich auf die klar erkennbaren persönlichen Lebensumstände der Arbeitnehmer zu konzentrieren, ohne eingehende Untersuchungen über deren familiäre Situation anstellen zu müssen. Dies ist ihm bereits aufgrund des Datenschutzes und der Wahrung der Privatsphäre der Angestellten nicht gestattet. Insbesondere ist der Arbeitgeber nicht in der Lage, zu prüfen, ob es nicht doch zumutbare anderweitige Möglichkeiten einer Betreuung gibt, sei es durch den anderen Elternteil, Lebenspartner, Angehörige, Verwandte, Freunde etc. oder eben durch Dienstleister wie Kindertagesstätten oder Tagesmütter.

Dass es den anderen Mitarbeitern gelingt, arbeitsvertragliche und familiäre Pflichten miteinander zu vereinbaren, rechtfertigt es nicht, diese durch die vermehrte Zuweisung ungünstiger Schichten zusätzlich zu belasten.

Keine Verbindlichkeit bei der Formulierung „Voraussichtlicher Baubeginn …“

Nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) ist die Ausführung nach den verbindlichen Fristen (Vertragsfristen) zu beginnen, angemessen zu fördern und zu vollenden. Bei einer Formulierung „voraussichtlich (Datum)“ fehlt es jedoch für die Annahme einer verbindlichen Vertragsfrist an der erforderlichen Eindeutigkeit.

Ist für den Beginn der Ausführung keine Frist vereinbart, so hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn zu erteilen. Der Auftragnehmer hat innerhalb von 12 Werktagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber zu beginnen.

Ist der Auftragnehmer zur Erbringung von Bauleistungen verpflichtet, kommt es für den Beginn der Ausführung grundsätzlich auf die tatsächliche Arbeitsaufnahme auf der Baustelle an. Haben beispielsweise die Vertragsparteien die ständige Anwesenheit von mindestens vier Arbeitskräften auf der Baustelle festgelegt, reicht der Einsatz von nur einer Arbeitskraft durch den Auftragnehmer für den Arbeitsbeginn nicht aus.

Sollte der Auftragnehmer den Start der Arbeiten hinauszögern, ist es dem Auftraggeber möglich, ihm eine angemessene Zeitspanne für den Arbeitsbeginn zu setzen und im Falle der Nichteinhaltung mit Vertragsauflösung zu drohen. Diese Zeitspanne darf durchaus kurz ausfallen und muss nicht die gesamte üblicherweise benötigte Zeit für die Vorbereitung der Arbeiten umfassen.

Mitteilungspflicht bei Schwammbefall

Ein vorsätzliches Verschweigen von Tatsachen kann als betrügerisches Verhalten angesehen werden, sofern eine Verpflichtung zur Offenlegung dieser Tatsachen besteht. Eine Offenlegungspflicht tritt jedoch nur dann in Kraft, wenn der andere Vertragspartner im Rahmen von Treu und Glauben sowie den gängigen gesellschaftlichen Normen vernünftigerweise mit einer Aufklärung rechnen kann. Im Allgemeinen liegt es in der Verantwortung jedes Beteiligten, sich um die eigenen Interessen zu kümmern. Es gibt keine generelle Verpflichtung, alle potenziell entscheidenden Informationen für den Entschluss des anderen Vertragsteils von sich aus preiszugeben. Es ist vielmehr so, dass ein Vertragspartner lediglich dazu verpflichtet ist, den anderen über jene Umstände in Kenntnis zu setzen, die den eigentlichen Zweck des Vertrags zunichtemachen könnten und somit für dessen Entscheidungsfindung erheblich sind – und das auch nur dann, wenn eine solche Mitteilung nach allgemeinem gesellschaftlichen Verständnis zu erwarten wäre.

Vor diesem Hintergrund entschieden die Richter des OLG Rostock, dass der Befall eines Hauses mit Hausschwamm dem Käufer vom Verkäufer selbst dann mitzuteilen ist, wenn er diesen hat fachgerecht beseitigen lassen.

Ferner besteht die Mitteilungspflicht auch dann, wenn der Schwammbefall für den Käufer möglicherweise erkennbar ist.

Umgangskontakt – Verstoß gegen formlose Telefonvereinbarung

In einem vom Kammergericht Berlin entschiedenen Fall hatte ein Vater gegen eine mit der Mutter des Kindes informelle Telefonvereinbarung verstoßen. Die Mutter stellte einen Ordnungsgeldantrag, welchen das Amtsgericht zurückwies. Die Richter des Kammergerichts Berlin bestätigten diese Entscheidung.

Welche Formen des Umgangskontakts von einer konkreten Umgangsregelung ausgeschlossen sind, muss im Einzelfall entschieden werden. Bei der Interpretation solcher Regelungen ist es wichtig, dass klar ist, was von der betroffenen Person erwartet wird. Die Person muss bei vernünftiger Betrachtung genau verstehen können, was die Regelung von ihr fordert. Dabei sollten die Anforderungen nicht zu streng sein. Es muss sowohl die Durchsetzbarkeit der Regelungen als auch die Verpflichtung der Eltern, sich angemessen und fair zu verhalten, berücksichtigt werden.

Wenn ein Elternteil sein Kind anruft, verstößt dies nicht gegen eine gerichtliche Vereinbarung, die nur die Zeiten für den persönlichen Kontakt und die Urlaubsbesuche festlegt, besonders wenn die Eltern sich informell auch auf Telefonzeiten geeinigt haben und diese informelle Vereinbarung bewusst nicht in die offizielle gerichtliche Vereinbarung aufgenommen wurde.

Zwei Testamente – Zeitpunkt der Erstellung entscheidend

Sofern zwei Testamente existieren und nicht feststellbar ist, welches von beiden zuletzt verfasst wurde, werden sie als gleichzeitig erstellt betrachtet. Das bedeutet, dass man nicht davon ausgehen kann, dass das zuletzt erstellte Testament das frühere aufhebt, wie es das Bürgerliche Gesetzbuchs normalerweise vorsieht, falls das neuere Testament dem älteren widerspricht. Wenn zwei gleichzeitig erstellte Testamente sich in bestimmten Punkten widersprechen, sind diese widersprüchlichen Teile ungültig.

Elektronische Rechnung wird Pflicht im B2B-Bereich

Die elektronische Rechnung im B2B-Sektor (Geschäftsbeziehungen zwischen zwei oder mehr Unternehmen) soll ab dem 1.1.2025 Pflicht werden, sofern der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger im Inland ansässig sind.

Regelungen dazu finden sich im aktuellen Gesetzesentwurf des Wachstumschancengesetzes. Ab dem 1.1.2025 wird eine E-Rechnung definiert als Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Sie muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung (Norm EN16931) und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU entsprechen.

Beispiele für Formate, die diesen Anforderungen entsprechen, sind die XRechnung und das hybride ZUGFeRD-Format, welches eine Kombination aus PDF-Dokument und XML-Datei darstellt. Durch die Definitionsänderung gilt eine einfache PDF-Rechnung, die per Mail versendet wurde, ab dem 1.1.2025 nicht mehr als elektronische Rechnung.

Aufgrund des hohen Umsetzungsaufwands für die deutsche Wirtschaft sieht der Gesetzgeber Übergangsregelungen für die Jahre 2025 bis 2027 vor. Bis Ende 2025 dürfen B2B-Umsätze aus 2025 weiterhin als Papierrechnung übermittelt werden, sowie elektronische Rechnungen nach alter Definition mit Zustimmung des Rechnungsempfängers. Im Zeitraum 2026 bleiben die Regelungen gleich, mit der zusätzlichen Voraussetzung, dass der Rechnungssteller einen maximalen Vorjahresumsatz von 800.000 € erwirtschaftet hat.

Ab 2027 werden Papierrechnungen grundsätzlich unzulässig. Ab 2028 sind dann ausschließlich Rechnungen, die den neuen gesetzlichen Regelungen entsprechen, erlaubt. Aufgrund des hohen Umsetzungsaufwandes empfiehlt sich eine zeitnahe Implementierung der nötigen Umsetzungsstrukturen.

Neuregelungen für Homeoffice und Arbeitszimmer – Steuerliche Erleichterungen im Überblick

Das Bundesministerium der Finanzen hat aktualisierte Verwaltungsvorgabe für die Steuerregeln rund um das häusliche Arbeitszimmer und die Homeoffice-Pauschale veröffentlicht.

Wenn der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer liegt, kann nun statt der tatsächlich entstandenen Kosten alternativ eine Jahrespauschale von 1.260 € ohne gesonderten Nachweis steuermindernd geltend gemacht werden. Die Pauschale kann auch anteilig für jeden Kalendermonat geltend gemacht werden, in dem die Voraussetzungen für den Kostenabzug erfüllt werden.

Bei Nutzung des Arbeitszimmers durch mehrere Personen kann jeder Steuerpflichtige einzeln seine Aufwendungen gesondert steuerlich ansetzen oder auf die Pauschale zurückgreifen. Bei mehreren Tätigkeiten pro Steuerpflichtigem kann jedoch nur eine Pauschale geltend gemacht werden, die auf die verschiedenen Tätigkeiten aufzuteilen ist.

Des Weiteren kann auch ohne häusliches Arbeitszimmer für jeden Kalendertag, an dem betriebliche oder berufliche Tätigkeiten zu mehr als 50 % in der häuslichen Wohnung ausgeübt werden, eine Homeoffice-Pauschale in Höhe von 6 € abgezogen werden, bis maximal 1.260 € (vorher 600 €).

Wachstumschancengesetz – Neuerungen im Regierungsentwurf

Bereits in der Ausgabe September berichteten wir über den Entwurf zum Wachstumschancengesetz. Am 30.8.2023 wurde der Regierungsentwurf verabschiedet. Die wichtigsten Neuerungen gegenüber dem Referentenentwurf sind hier im Folgenden zusammengefasst:

  • Sonderregelung der privaten Nutzung von Elektrofahrzeugen: Die Regelungen für Elektrofahrzeuge im Rahmen der 1 %-Regelung und der Fahrtenbuchregelung werden angepasst. Die Bemessungsgrundlage beträgt weiterhin nur ein Viertel der Anschaffungskosten oder vergleichbarer Aufwendungen. Der Höchstbetrag für den Bruttolistenpreis des Fahrzeugs wird jedoch von 60.000 € auf 80.000 € erhöht. Diese Änderung gilt für Fahrzeuge, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden.
  • Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA in Höhe des 2,5fachen der linearen AfA (maximal 25 %) für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zwischen dem 1.10.2023 und dem 31.12.2024.
  • Befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude i. H. v. 6 % – gilt für Gebäude, die entweder vom Steuerpflichtigen selbst hergestellt oder im Kalenderjahr der Fertigstellung gekauft wurden. Im Jahr der Herstellung oder Anschaffung erfolgt die Abschreibung zeitanteilig.

    Bei Anschaffung besteht die Wahlmöglichkeit zwischen degressiver und linearer Abschreibung. Während der Nutzung der degressiven Abschreibung sind keine Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzungen erlaubt. Ein Wechsel zur linearen Abschreibung ist möglich. Die Regelung gilt für Gebäude, deren Bau oder Kaufvertrag zwischen dem 1.10.2023 und dem 30.9.2029 abgeschlossen wird.