Kommission empfiehlt schrittweise Anhebung des Mindestlohns

Laut einer Empfehlung der Mindestlohnkommission vom 1.7.2020 soll der gesetzliche
Mindestlohn in mehreren Stufen angehoben werden. Seit dem 1.1.2020 liegt dieser
bei 9,35 € brutto. In den nächsten Stufen steigt der Mindestlohn zum
1.1.2021 auf 9,50 €, zum 1.7.2021 auf 9,60 € und zum 1.1.2022 auf
9,82 €. Ab dem 1.7.2022 soll er dann 10,45 € brutto betragen.

Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
über 18 Jahre. Unter bestimmten Voraussetzungen haben auch Praktikantinnen
und Praktikanten Anspruch auf Mindestlohn. Ausgenommen vom Erhalt des Mindestlohns
sind z. B. Auszubildende, ehrenamtlich Tätige, Teilnehmerinnen und Teilnehmer
an einer Maßnahme der Arbeitsförderung und Angestellte mit Branchentarifverträgen.

Besondere Beachtung kommt hier den geringfügig Beschäftigten, den
sog. Minijobbern, zu. Bei Verträgen mit Minijobbern sollte überprüft
werden, ob durch den Mindestlohn die Geringfügigkeitsgrenze von 450 €
pro Monat überschritten wird.

Ausschluss der Erstausbildungskosten als Werbungskosten

Als Erstausbildung gilt jede Ausbildung, die nach dem regulären Schulabschluss
angefangen und durch eine Abschlussprüfung, welche die Befähigung
erteilt in dem angestrebten Beruf zu arbeiten, beendet wird. Wenn für die
Ausübung eines Berufs nach dem Bachelor- auch noch ein Masterabschluss
erforderlich ist, wie z. B. beim Beruf des Lehrers, so gilt auch der Master
als Teil der Erstausbildung. Zwischen den Abschnitten einer mehraktigen Berufsausbildung
muss ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang liegen. Eine Zweitausbildung,
deren Kosten unstreitig als Werbungskosten angesetzt werden können, liegt
eher dann vor, wenn diese neben der eigentlichen Berufstätigkeit ausgeübt
wird und hinter dieser zurücktritt.

Der BFH hat am 12.2.2020 entschieden, dass kein Werbungskostenabzug für
die entstandenen Aufwendungen der Erstausbildung möglich ist. Das gilt
allerdings nicht für Erstausbildungen, welche im Rahmen eines Dienstverhältnisses
stattfinden, da hier direkte Werbungskosten für steuerpflichtige Einnahmen
vorliegen. Ein Ansatz kann in anderen Fällen höchstens als Sonderausgabe
in Höhe von maximal 6.000 € erfolgen.

Vorsteuerabzugsberechtigung für Renovierungskosten eines Homeoffice

Wird eine als Homeoffice genutzte Wohnung im Rahmen einer unternehmerischen
Tätigkeit vermietet, kann die Umsatzsteuer grundsätzlich als Vorsteuer
steuerlich angesetzt werden. Dazu zählen neben Aufwendungen für Renovierungsarbeiten
an ausschließlich beruflich genutzten Räumen, wie Büro- und
Besprechungsräume, auch Renovierungskosten an Sanitärräumen.
Ausgenommen sind nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil
vom 7.5.2020 jedoch Aufwendungen für ein mit Dusche und Badewanne ausgestattetes
Badezimmer, da dies dem privaten Bereich zuzuordnen ist.

Im verhandelten Fall ging es um Kosten, die für die Renovierung einer
Einliegerwohnung, welche der Vermieter zur Homeoffice Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig
an seinen Arbeitgeber vermietete, angefallen waren. Teil der Renovierungsarbeiten
war auch ein Badezimmer mit Dusche und Badewanne. Das Urteil des BFH stellt
hierfür allerdings die berufliche Nutzung der als Homeoffice vermieteten
Räumlichkeiten in den Fokus. Während sich bei einer Bürotätigkeit
die berufliche Nutzung auch auf einen Sanitärraum erstrecken kann, ist
dies bei einem mit Dusche und Badewanne ausgestatteten Badezimmer nicht der
Fall.

Verkürztes Restschuldbefreiungsverfahren von der Bundesregierung beschlossen

Mit dem am 1.7.2020 von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf sollen
die Richtlinienvorgaben zur Restschuldbefreiung umgesetzt werden. Nachfolgend
die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Das Verfahren soll im Regelfall von 6 Jahren auf 3 Jahre verkürzt werden.
  • Die Regelungen gelten nicht nur für unternehmerisch tätige Schuldner,
    sondern auch für Verbraucher.
  • Die Tilgung der Verbindlichkeiten in einer bestimmten Höhe ist nicht
    mehr erforderlich.
  • Schuldner müssen jedoch auch weiterhin bestimmten Pflichten und Obliegenheiten
    nachkommen, um eine Restschuldbefreiung erlangen zu können, z. B. einer
    Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen.
  • In der sog. Wohlverhaltensphase sollen Verbraucher stärker zur Herausgabe
    von erlangtem Vermögen herangezogen werden. Außerdem wird ein neuer
    Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung geschaffen, wenn in der Wohlverhaltensphase
    unangemessene Verbindlichkeiten begründet werden.

Die Verfahrensverkürzung soll für Verbraucher zunächst bis zum
30.6.2025 befristet werden, um etwaige Auswirkungen auf das Antrags-, Zahlungs-
und Wirtschaftsverhalten von Verbrauchern beurteilen zu können. Die Verkürzung
des Verfahrens soll insgesamt nicht dazu führen, dass ein Schuldner im
Falle einer erneuten Verschuldung auch schneller zu einer zweiten Restschuldbefreiung
kommen kann. Daher wird die derzeitige zehnjährige Sperrfrist auf elf Jahre
erhöht und das Restschuldbefreiungsverfahren in Wiederholungsfällen
auf fünf Jahre verlängert.

Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre soll
für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1.10.2020 beantragt werden.
Damit können auch diejenigen Schuldner bei einem wirtschaftlichen Neuanfang
unterstützt werden, die durch die Corona-Pandemie in die Insolvenz geraten
sind. Für Insolvenzverfahren, die ab dem 17.12.2019 beantragt wurden, soll
das derzeit sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt werden.

Klare Regelungen in Verbraucherkreditverträgen zur Berechnung der Widerrufsfrist

Verbraucherkreditverträge müssen in klarer und prägnanter Form
die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben. Dieses
wird nicht erfüllt, wenn auf unterschiedliche Paragrafen im nationalen
Recht verwiesen wird.

Die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hatten zu dieser Problematik
folgenden Sachverhalt zur Entscheidung vorliegen: Im Jahr 2012 nahm ein Verbraucher
bei einer Bank einen grundpfandrechtlich gesicherten Kredit über 100.000
€ mit einem bis zum 30.11.2021 gebundenen Sollzinssatz von 3,61 % pro Jahr
auf.

Der Kreditvertrag sah vor, dass der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung
innerhalb von 14 Tagen widerrufen kann und dass diese Frist nach Abschluss des
Vertrags zu laufen beginnt, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben
erhalten hat, die eine bestimmte Vorschrift des deutschen Bürgerlichen
Gesetzbuchs vorsieht. Diese Angaben, deren Erteilung an den Verbraucher indessen
für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, führt der
Vertrag somit nicht selbst auf. Er verweist lediglich auf eine deutsche Rechtsvorschrift,
die selbst auf weitere Vorschriften des deutschen Rechts verweist.

Anfang 2016 erklärte der Verbraucher gegenüber der Bank den Widerruf
seiner Vertragserklärung. Die Bank war der Ansicht, dass sie den Verbraucher
ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hatte und die
Frist für die Ausübung dieses Rechts bereits abgelaufen war.

Im o. g. Fall stellte der EuGH fest, dass der im fraglichen Vertrag enthaltene
Verweis auf die deutschen Rechtsvorschriften nicht dem Erfordernis genügt,
den Verbraucher in klarer und prägnanter Form über die Frist und die
anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.

Anmerkung: Ist die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist
ungültig, kann ein Verbraucher ggf. den Widerruf noch nach der beabsichtigten
Frist erklären.

Keine Duldung der Zeiterfassung per Fingerabdruck

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) hat mit Urteil vom 4.6.2020
entschieden, dass Arbeitnehmer nicht zu einer Zeiterfassung per Fingerabdruck-Scanner
verpflichtet sind.

Zu dieser Entscheidung lag dem Gericht folgender Sachverhalt vor: Ein Arbeitgeber
führte ein Zeiterfassungssystem ein, das mit einem Fingerabdruck-Scanner
bedient wird. Das eingeführte System verarbeitet nicht den Fingerabdruck
als Ganzes, sondern die Fingerlinienverzweigungen (Minutien). Der Arbeitnehmer
lehnte eine Benutzung dieses Systems ab. Der Arbeitgeber erteilte ihm deshalb
eine Abmahnung.

Das LAG führte aus, dass der Arbeitnehmer dieses Zeiterfassungssystem
nicht nutzen muss. Auch wenn das System nur Minutien verarbeitet, handelt es
sich um biometrische Daten. Eine Verarbeitung solcher Daten ist nach der Datenschutzgrundverordnung
(DSGVO) nur ausnahmsweise möglich. Eine solche Ausnahme kann hier nicht
festgestellt werden. Entsprechend war eine Erfassung ohne Einwilligung des Arbeitnehmers
nicht zulässig. Die Weigerung der Nutzung stellte deshalb keine Pflichtverletzung
dar, sodass der Arbeitnehmer die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte
verlangen durfte.

Altersdiskriminierung in einer Stellenanzeige

Bietet der Arbeitgeber in einer Stellenanzeige eine "zukunftsorientierte,
kreative Mitarbeit in einem jungen, hochmotivierten Team", so liegt hierin
eine Tatsache, die eine Benachteiligung des nicht eingestellten 61-jährigen
Bewerbers wegen des Alters vermuten lässt.

Dieser Hinweis enthält regelmäßig nicht nur die Botschaft an
potentielle Stellenbewerber, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb
hochmotiviert sind. Eine solche Angabe in einer Stellenanzeige kann aus der
Sicht eines objektiven Empfängers zudem regelmäßig nur so verstanden
werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer sucht, der in das Team passt,
weil er ebenso jung und hochmotiviert ist wie die Mitglieder des vorhandenen
Teams.

Kein Anspruch auf halbe Urlaubstage

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) hatte in einem Fall zu
entscheiden, in dem einem Arbeitnehmer antragsgemäß im Jahr 2015
an 18 Tagen und im Jahr 2016 an 13 Tagen halbe Urlaubstage gewährt wurden.
Im Jahr 2017 teilte der Arbeitgeber mit, dass er ihm zukünftig nicht mehr
als 6 halbe Tage pro Jahr gewährt.

Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sind bei der zeitlichen Festlegung des
Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es
sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder
Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten
den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Ferner ist der Urlaub zusammenhängend
zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person
des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich
machen.

Ein Urlaubswunsch, der auf eine Zerstückelung und Atomisierung des Urlaubs
in Kleinst-raten gerichtet ist, muss nicht erfüllt werden. Eine solche
Urlaubsgewährung wäre nicht geeignet, die Urlaubsansprüche des
Arbeitnehmers zu erfüllen.

Das BUrlG kennt keinen Rechtsanspruch auf halbe Urlaubstage bzw. Bruchteile
von Urlaubstagen. Von obigen Grundsätzen kann für die Urlaubsansprüche,
die den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigen, durch vertragliche Vereinbarung
abgewichen werden. Vor diesem Hintergrund entschieden die LAG-Richter zugunsten
des Arbeitgebers.

Unternehmerisches Risiko entscheidet über freie Mitarbeiter

Freie Mitarbeiter können als abhängig Beschäftigte gelten, wenn
sie kein unternehmerisches Risiko tragen. Zu diesem Schluss kamen die Richter
des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) in einem Urteil vom 5.3.2020.

Grundlegend für das Urteil war der Fall einer Physiotherapeutin, die in
einer Praxis als freie Mitarbeiterin arbeitete. Sie war an keinerlei Praxiskosten
beteiligt und erhielt den Großteil ihrer benötigten Arbeitsmaterialien
über die Praxis. Behandlungen rechnete die Physiotherapeutin über
das Abrechnungssystem der Praxisinhaberin ab. Diese erhielt 30 % der jeweils
generierten Einnahmen.

Auf Antrag der freien Mitarbeiterin stellte die Deutsche Rentenversicherung
(RV) fest, dass es sich bei der Beschäftigung um ein abhängiges und
somit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis handelt.
Dagegen wehrte sich die Praxisinhaberin.

Das LSG entschied zugunsten der RV und begründete dies unter anderem damit,
dass die Mitarbeiterin, obwohl nicht weisungsgebunden und selbstbestimmt arbeitend,
in die Organisation der Praxis eingebunden war. Kontakt zu Patienten hatte die
Mitarbeiterin ausschließlich durch die Praxis bekommen. Behandlungsverträge
der Patienten wurden mit der Praxisinhaberin und nicht mit der Mitarbeiterin
geschlossen. Somit hatte die Mitarbeiterin weder ein eigenes Unternehmerrisiko
zu tragen, noch laufende Kosten, wie etwa Miete oder Personalkosten. Darüber
hinaus war die Frau nicht unternehmerisch auf dem Markt tätig.

Verlängerung von Kinderkrankengeld

Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis
erforderlich ist, dass sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres
erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem
Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen
kann und das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert
und auf Hilfe angewiesen ist.

Anspruch auf Krankengeld besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind
längstens für 10 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte
längstens für 20 Arbeitstage. Der Höchstanspruch bei mehreren
erkrankten Kindern besteht für Versicherte für nicht mehr als 25 Arbeitstage,
für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 50 Arbeitstage
je Kalenderjahr.

Aufgrund der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung beschlossen, dass das
Kinderkrankengeld im Jahr 2020 für 5 weitere Tage pro Elternteil (bei Alleinerziehenden
10 Tage) gewährt wird.

Wenn beide Elternteile gesetzlich krankenversichert sind, können sie sich
auch gegenseitig den Anspruch auf Kinderkrankengeld übertragen und entscheiden,
wer von Beiden das kranke Kind betreut.

Anmerkung: Da der Versicherungsschutz einer privaten Krankenversicherung in
der Regel keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld umfasst, hat ein privatversicherter
Elternteil hier keinen Anspruch auf unbezahlte Freistellung.